Der Schüleraustausch mit dem Liceo „Alfonso Gatto“ in Agropoli/ Italien – mehr als Pizza und Pasta

Der Schüleraustausch mit dem Liceo „Alfonso Gatto“ in Agropoli blickt auf eine langjährige Tradition zurück. Im Jahr 2009 ist er durch meine Initiative am Gymnasium Haren ins Leben gerufen und im Jahr 2017 am Windthorst-Gymnasium implementiert worden. Den Kontakt zu der italienischen Schule in Agropoli hat Dr. Sebastiano Siniscalchi, HNO-Spezialist in Haren, hergestellt, dem ich dafür sehr dankbar bin. Zielgruppe des Austauschs sind Schülerinnen und Schüler der Jahrgänge 9 und 10, die Latein als zweite Fremdsprache lernen. Bei unserem Besuch in Agropoli 2019 haben unsere italienischen Austauschpartner uns zu Ehren nicht nur das zehnjährige Bestehen unseres Austauschs, sondern auch den dreißigsten Jahrestag des Mauerfalls gefeiert (s. Fotos). Im Jahre 2009 wurde der Austausch von Professore Angelo Mantione organisiert und betreut, seit 2017 hat die Deutschlehrerin des Liceo „Alfonso Gatto“, Professoressa AnnaCarmela Giordano die Leitung übernommen. Professoressa Giordano ist im Saarland geboren und spricht perfekt Deutsch.

Austauschprogramme bedeuten für die Schüler eine hervorragende Gelegenheit, sich mit den menschlichen, sozialen, politischen und kulturellen Gegebenheiten des jeweiligen Partnerlandes vertraut zu machen. Ein Austausch trägt dazu bei, Vorurteile abzubauen, sich besser kennenzulernen, sich die Hände zu geben und Brücken zu bauen. Dadurch trägt er auch zur Verwirklichung der europäischen Idee und zur europäischen Zusammengehörigkeit bei. Außerdem wird die Persönlichkeit eines jeden einzelnen gestärkt, zahlreiche Kontakte können geknüpft werden. In vielen Fällen entstehen Freundschaften für ein ganzes Leben. Auch mich verbindet mit Professor Mantione, den Professoresse Giordano, Treffner und Conte Granato und ihren Familien eine langjährige Freundschaft. Ein kleines bisschen Mut gehört immer zu einem Austausch dazu, da die Schüler ihre eigene Komfortzone verlassen müssen und eine Zeit in und mit einer anderen Familie leben. Besonders leicht macht es uns die typisch italienische Gastfreundschaft und Großzügigkeit.

Abgesehen von den personalen Kompetenzen, die verstärkt werden, gibt es eine Vielzahl fachlicher Kompetenzen, die weiterentwickelt werden, wie das vertiefte Verständnis unserer geistesgeschichtlichen Grundlagen und eine verstärkte Motivation für das Erlernen des Lateinischen, aber auch anderer Fremdsprachen. Mit diesem Austausch können wesentliche im Kerncurriculum Latein geforderte Kompetenzen eingelöst werden, wie die Kulturkompetenz, das Fakten- und Sachwissen, der historische Diskurs, die ethische Wertschätzung und der existentielle Transfer, die ästhetische Wertschätzung, die Rezeption und Tradition des Lateinischen und Latein als Reflexionssprache.

Agropoli eignet sich für diese Zielsetzungen in besonderer Weise. Die Stadt wurde im 7. Jahrhundert vor Christus von den Griechen auf dem Boden der „Magna Graecia“ gegründet. Sie befindet sich heute in der italienischen Region Kampanien, gut 100 km südlich von Neapel und dem die Landschaft prägenden Vesuv entfernt. Die wunderschöne Gegend wird als Cilento bezeichnet. Themen wie Migration in der Antike, Probleme von Integration und Exklusion, Fragen des Bürgerrechts, Kulturtransfer und die Angst vor einer „Überfremdung“ können exemplarisch behandelt werden. Kulturelle Reste der Antike und der Völkerwanderung begegnen uns in Agropoli und Umgebung überall.

Das Liceo „Alfonso Gatto“ ist ein staatliches Gymnasium mit ca. 1200 Schülern. Es hat ein humanistisches und ein naturwissenschaftliches, neusprachliches oder musisches Profil.  Ähnlich wie am WGM werden zahlreiche Projekte, Wettbewerbe und Aktivitäten veranstaltet, z. B. Gedenkveranstaltungen für den Holocaust, Literaturwettbewerbe, naturwissenschaftliche und philosophische Projekte, Architekturwettbewerbe, Theateraufführungen, Poetry slams oder „Challenges“ wie „Omnia vincit amor“ – Liebe als Motiv in der antiken und modernen Literatur.

Bestandteil des Austauschs ist die Teilnahme am Unterricht des Gastlandes, gemeinsame Exkursionen mit den italienischen Schülern und themenorientierte Projekte bzw. Workshops. Vorbereitet wird der Austausch in einer Arbeitsgemeinschaft.  Während unseres Aufenthalts in Italien gehören Exkursionen nach Paestum, Castellabate und der Besuch einer Mozzarella-Farm, Spaziergänge am Strand und natürlich Pizza, Pasta und Gelato zum Programm dazu.

(Tomba del tuffatore, Abdeckplatte des Grabes des Turmspringers, Museo archeologico di Paestum)

Ein Besuch im wunderschönen Cilento lohnt sich auf alle Fälle. Unser nächster Besuch in Agropoli findet in wenigen Wochen statt.

Benvenuti als Sud!

Text und Bilder: Daniela Brüsse-Haustein