„1, 2, 3 – Es war einmal…“ – Deutschunterricht der etwas anderen Art

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Märchenerzähler Eberhard Vogelwaid begeisterte die Fünftklässlern am WGM

Maerchenerzaehler_2013Mit außergewöhnlichen und schaurig-schönen Geschichten nahm der Märchen- und Balladenerzähler Eber­hard Vogelwaid die Schüler der fünften Klassen mit auf Entdeckungstour in eine zauberhafte Märchen­welt und regte beim freien Erzählen die Fantasie der Kinder an.

Gespannte Stille herrschte im abgedunkelten Raum Fa 05 bei den anwesenden Fünftklässlern, als Märchen­erzähler Eberhard Vogelwaid das Wort ergriff, und mit einem ersten Märchen von den Inuits begann: Ein Inuitjunge namens Squoquo wird von einem gefräßigen Bären gefressen, kann ihn aber letztendlich überlis­ten. Er entfacht im Magen des Tieres ein Feuer, so dass der Bär zerplatzt und seine Einzelteile sich am Him­mel ausbreiten. Dieses Märchen erkläre, warum am Nachthimmel im Sternbild des großen Bären so viele Sterne glitzern. „Ihr könnt nachts einmal in die Sterne hineinschauen“, forderte Vogelwaid seine kleine Zu­hörer auf, „dort werdet ihr immer noch in diesem Sternbild das Feuer glitzern sehen.“

Nach diesem magischen Märchen bat Vogelwaid seine aufmerksamen Zuhörer, den Beginn des nächsten Märchens selbst mit drei Worten einzuleiten. Es bedurfte keiner weiteren Erklärung und auf das Kommando des Märchenerzählers: „1, 2, 3“, riefen alle Fünftklässler: „Es war einmal“. Vogelwaid erzählte mit flüstern­der Stimme weiter. Dieses Mal ein richtiges „Höllenmärchen“ aus dem bayrischen Wald, in dem der Junge Hans auf den Teufel trifft. Nach zahlreichen fabelhaften Verwandlungen und Zaubersprüchen ge­lingt es Hans, den Teufel zu besiegen. Somit erfüllt die Geschichte letztendlich die Aussage des Titels, der erst hin­terher enthüllt wird: „Der Teufel ist tot!“.

Mit variierender Stimmlage und Betonung sowie mit einer beeindruckenden Gestik und Mimik ließ Vogel­waid die Figuren zum Leben erwecken. Auf der einen Seite der böse, hinterlistige Teufel, der bedrohlich wis­pert oder aber wütend mit dem Zeigefinger droht – auf der anderen Seite die Guten: Der kleine Hans, der mit trotziger Stimme widerspricht, und die Prinzessin mit der lieblichen, zarten Stimme. Dementsprechend gebannt lauschen die Schüler, bringen auf Nachfrage eigene Ideen mit ein oder stellen Vermutungen an, wie das Märchen weitergehen könnte. Durch diesen Wechsel von gespanntem Zuhören und aktiven Miträtseln kommt keine Langeweile auf, alle Schüler lauschen auf die Worte des Märchenerzählers.

Zum Abschluss gibt dieser noch ein russisches Märchen zum Besten, in dem eine wunderschöne Königstoch­ter die Liebe eines abscheulichen, dreiköpfigen Drachens erwidert und letztendlich dafür belohnt wird. Denn, wie soll es anders sein im Märchen, dieser Drache verwandelt sich durch den Kuss der Prinzessin in einen wun­derschönen jungen Prinzen zurück. „Und wenn sie nicht gestorben sind…“, endet Vogelwaid, „dann leben sie noch heute“, ergänzen die Schüler. Am Ende der Märchenstunde spielt der Märchenerzäh­ler mit der Fan­tasie der Kinder, vertauscht dabei die Realität mit der Märchenwelt: „Ich war bei der Hochzeit dieses wun­derschönen Königspaares dabei. Und weil ein Riese auf meinem Platz saß, versteckte ich mich unter dem Tisch. Dort warf mir aber der Riese ab und zu ein paar Essensreste zu. Dabei biss ich ihm einmal in den Fin­ger, weil ich dachte, es wäre eine riesige Wurst.“ „Ist das echt passiert?“, flüsterte ein Schüler in der hinteren Reihe, „Nein, natürlich nicht“, klärte ihn sein Sitznachbar auf. Das Spiel mit Realität und Fiktion, Wirklichkeit und Fantasie funktionierte und beim Klingeln verließen alle Schüler begeistert den Raum. Und wahr­scheinlich unbe­merkt hatten sie in dieser Stunde die literarische Gattung Märchen als Bestandteil des Curri­culums auf eine ungewöhnliche Art vertieft.

 

Text und Foto: C. Tenger


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